Community Event
16.10.2025
KI Salon DISPUT: Die wichtigsten Positionen zu künstlicher Intelligenz

KI Salon Disput – Eine Performance über Haltung und Narrative

Datum: 16. Oktober 2025 Ort: IPAI Spaces, Heilbronn Thema: Wie sprechen wir über KI – und welche Haltung steckt hinter den Narrativen?

Der KI Salon Disput war keine gewöhnliche Podiumsdiskussion, sondern eine experimentell-dialogische Performance, die das Publikum auf unterhaltsame und informative Weise in das Zentrum der aktuellen KI-Debatte führte. Anstatt die üblichen sachlichen Vorträge zu hören, erlebten die Gäste ein inszeniertes Streitgespräch, in dem renommierte KI-Expert:innen in die Rollen zentraler Fraktionen schlüpften.

Ziel war es, die oft dogmatischen Standpunkte zu Künstlicher Intelligenz lebendig darzustellen und so für mehr Klarheit zu sorgen. Das Publikum erhielt einen tiefen Einblick in die emotionalen und philosophischen Haltungen, die hinter den Schlagworten stehen.

 

Die Akteur:innen des Disputs:

In der Performance wurden fünf zentrale Haltungen im Wechselspiel von kontroversen Standpunkten und Gegenargumenten präsentiert:

  • Die warnende Doomerin: Vertritt die Position extremer Risiken und dystopischer KI-Szenarien.
  • Der skeptische Gloomer: Eine kritische, abwartende Stimme, die vor unbedachtem Fortschritt warnt.
  • Die zutiefst optimistische Zoomerin: Steht für die grenzenlosen Möglichkeiten und die transformative Kraft der KI.
  • Die gestaltende Bloomerin: Fokussiert auf die aktive, positive Mitgestaltung und Regulierung der KI-Entwicklung.
  • Der leugnende Denialist: Die Stimme, die die tatsächliche Relevanz oder das disruptive Potenzial der KI herunterspielt.

 

Erkenntnisgewinn durch Perspektivwechsel

Unter der Moderation und Konzeption von Dr. Rebekka Reinhard wurde eine Performance geboten, die nicht nur unterhielt, sondern vor allem die eigenen Annahmen und Vorurteile herausforderte. Die kontroversen Rollenspiele ermöglichten einen tiefen Perspektivwechsel. Im Anschluss an die Performance fand eine lebhafte Publikumsdiskussion statt, die den Raum für die Bildung einer fundierten, eigenen Meinung öffnete.

Der KI Salon Disput lieferte somit neue Ideen und Klarheit für alle, die sich eine differenzierte Haltung in der komplexen Diskussion um Künstliche Intelligenz bilden wollen.

Mit dabei waren:

  • Dr. Nina Böhm (Digitalisierungs- und KI-Strategin)
  • Jaana Müller-Brehm (AI Engagement & Literacy IPAI Foundation)
  • Dr. Esther Fee Reinhardt (Informatikerin, Musikwissenschaftlerin, Expertin für KI und Sound)
  • Benito-Miguel De Michele (Forschung und Lehre an der Hochschule der Medien Stuttgart, AI Berater)

 

Die bereitgestellten Handouts des “KI Salon DISPUT”, die alle Anwesenden erhalten haben, enthalten die vier inszenierte Dialoge, die die Positionen der fünf dominanten KI-Narrative (Doomer, Gloomer, Zoomer, Bloomer, Denialist) anhand von Leitthemen gegenüberstellen:

1. Disput: Doomer vs. Zoomer

Leitthema: Endzeitwarnungen vs. Fortschrittseuphorie

Doomer (apokalyptisches Risiko): Warnt vor einer Schwelle der Menschheitsgeschichte. Jede Beschleunigung der KI-Entwicklung erhöht das Risiko einer entgleitenden Superintelligenz. Dies sei Überleben, kein Spiel. Fortschritt ohne Kontrolle ist wie ein Auto ohne Bremsen, weil das Alignment-Problem (Ausrichtung der Technologie auf menschliche Werte) ungelöst ist. Er nennt den Zoomer-Ansatz “Glücksspiel – Roulette mit dem Einsatz der gesamten Menschheit” und Hybris.

Zoomer (Beschleunigungs-Optimismus): Sieht KI als “krassen Booster” für “schneller, smarter, effizienter”. Er hält Alignment für eine Meta-Diskussion von Leuten, die noch nie etwas gebaut haben. Die Echte Welt bringe sofortigen Nutzen (bessere Diagnosen, schnellere Texte). Wer jetzt bremst, hat im geopolitischen Wettbewerb (China, USA) verloren. Die Zukunft gehöre den “Buildern”, nicht den “Bremsern”.

2. Disput: Gloomer vs. Zoomer

Leitthema: Kurzfristige Risiken vs. Beschleunigung ohne Regulierung

Gloomer (kurzfristige Risiken): Kritisiert die Verharmlosung und betont, dass KI in erster Linie Rationalisierung bedeutet, die Millionen Jobs (von Callcentern bis Rechtsanwälten) verschwinden lässt. “Augmentierung” (Ergänzung) klinge nur schön für die Etablierten; für andere bedeute es Kündigung. KI ersetze nicht nur Muskeln, sondern Denken. Er befürchtet Massenarbeitslosigkeit und das Privilegieren von Arbeit. Regulierung ist als “Geländer” nötig, um den “Abgrund” des Prekariats zu verhindern.

Zoomer (Beschleunigungs-Optimismus): Entgegnet, dass jede neue Technologie Jobängste ausgelöst, aber letztlich mehr Jobs und Wohlstand gebracht habe. Er betont, dass neue Jobs entstehen (Prompt-Designer, KI-Ethiker). Der “Sweet Spot” für Menschen bleibe Kreativität, Empathie und echte menschliche Verbindung, da KI bei Kontext und Empathie schlecht sei. Regulierung “killt Innovation”.

3. Disput: Doomer vs. Denialist

Leitthema: Lernen, Bildung und Superintelligenz

Doomer (apokalyptisches Risiko): Sieht die Gefahr, dass Menschen nicht mehr lernen, was es heißt, Mensch zu sein, wenn die Maschine denkt. Die Schüler von heute seien die ersten Opfer einer Superintelligenz. Er befürchtet, dass KI Lehrer, Richter und Philosophen ersetzt.

Denialist (harte Skepsis): Hält die Maschine für dumm; sie “simuliert das Denken” und ist ein “Papagei”, der keine Ahnung von der Wahrheit hat. Die heutige KI sei “dumm wie Brot” und könne nicht logisch denken. Er kritisiert, dass der Algorithmus nur ein Ergebnis liefere und das Ringen um Gedanken nicht lehren könne. Der Denialist sieht KI als “perfekte Maschine zur Abschaffung des eigenständigen Denkens” und eine “Sackgasse”.

4. Disput: Bloomer vs. Denialist

Leitthema: Open Source, Vielfalt, Nachhaltigkeit

Bloomer (Offenheit/Vielfalt): Nutzt Metaphern aus der Natur: Open Source ist wie die Natur selbst (“Baum teilt Wissen” und “Mykorrhiza”) und schafft ein Ökosystem. Open Source sorge für Diversität und sei “digitale Nachhaltigkeit” durch Wissens-Recycling und -Teilen. Nur offene Systeme erlaubten es, energieeffizientere Modelle zu bauen.

Denialist (harte Skepsis): Bezeichnet den Open-Source-Ansatz als “digitale Müllhalde” und “unregulierte Spielwiese”, auf der Fehler und Biases verbreitet werden. Er vergleicht die KI mit einem Papagei, der nur nachplappert, was er gefüttert wurde. Er kritisiert die hohe Umweltbelastung von KI, die auf “Serverfarmen” läuft und mehr Strom als eine Kleinstadt fressen. Er nennt dies “Anarchie mit CO-Fußabdruck”.